Wie die Menschen lebten
Im Mittelalter sah die Stadt anders aus als heute. Die meisten Häuser waren aus Holz gebaut. Erst später entstanden Steinfassaden. In den meisten Häusern lebte eine Familie.
Im Erdgeschoss war das Geschäft oder die Werkstatt und die Küche. Im ersten Stock befanden sich der Wohn- und der Schlafraum. Die Dachkammern wurden den Lehrlingen oder Gesellen zugewiesen, oder man brauchte sie als Speicher. Badezimmer kannte man nicht. Auch die reichen Bürger wuschen sich in Holzzubern. Das WC war ein kleines Häuschen im Hof draußen. Hier befand sich auch der Garten. Viele Stadtbewohner besaßen Hühner, Enten, Ziegen, Schweine. Sie waren also auch Selbstversorger.
Auch das Innere der Zimmer war sehr einfach. Die wichtigsten Möbel waren Bett, Tisch und Stuhl. Schränke gab es keine. Viele Nahrungsmittel wurden in Wandbänken aufbewahrt.
Sehr wichtig waren die Stadtplätze. Hier trafen sich die Bewohner. Bei kalter Jahreszeit saß man um die Feuergrube in der Küche. Sie war die einzige Heizquelle.
Man schützte schon damals die Umwelt. In der Handfeste hieß es: "Niemand darf vor der Türe seines Hauses auf der Gasse Häute schaben (das taten die Gerber) und die Abfälle aus seinem Haus oder anderen Unrat auf die Gasse werfen. Wer dagegen handelt, wird bestraft. Er muss dem Verzeiger und dem Schultheiß je 3 Schillinge zahlen."
In den mittelalterlichen Städten kam es immer wieder zu großen Feuersbrünsten. Noch 1737 wurde die Reichengasse durch Feuer verwüstet.
Im Mittelalter begann man früher zu arbeiten als heute. Man richtete den Tagesablauf stark nach der Sonne, um ihr Licht auszunützen, denn es gab natürlich noch keine Elektrizität. Auch die Petroleumlampe war noch unbekannt. Man verwendete Öllampen oder Wachskerzen, aber die waren teuer. Bei solchem Licht konnte man auch nicht genau arbeiten.
Um 6 Uhr waren alle an der Arbeit: Die Handwerker in den Werkstätten, die Kaufleute in ihren Läden oder unterwegs. Um diese Zeit wohnten die Mitglieder des Kleinen Rates (Regierung) in St. Nikolaus der Werktagsmesse bei. Die Ratssitzung begann um 6.30 Uhr und endete noch vormittags. Viele Ratsherren waren Weber, Gerber, Kaufleute und mussten zu ihrer Arbeit zurück.
Um 10 Uhr begann die Mittagspause, Die Frau hatte unterdessen die Wohnung instand gestellt und gekocht. War sie eine Meistersfrau, so musste sie auch für Gesell und Lehrling sorgen. Sie hatte auch mit dem Kleinvieh und dem Garten zu tun; am Brunnen musste die Wäsche gewaschen und es musste geflickt und gestrickt werden. War die Familie wohlhabend, dann konnte sie sich Knecht und Magd leisten.
Um 12 Uhr begann die Arbeit wieder und endete um 16 oder 17 Uhr. Auch der Samstag war ein Arbeitstag. Ferien hatte man keine. Dafür gab es viele kirchliche Feiertage.
Abends fand man die Männer in den Zunftstuben oder auf einem der Quartierplätze. Hier wurde mit Kugeln oder Kegeln gespielt. Andere übten sich im Bogen- oder Armbrustschießen.
Von Zeit zu Zeit kamen fahrende Leute in die Stadt. Sie führten Gaukelspiele sowie deutsche oder französische Theaterstücke auf. Die Veranstaltungen begannen um 17 Uhr und mussten um 20 Uhr beendet sein. An Sonn- und Feiertagen waren sie streng verboten.
Um 21 Uhr ging man ins Bett. Jetzt machten die Nachtwächter die Runde; an den Stadttoren sorgten die Torwarte, dass niemand in die Stadt eindrang.
Unterwegs im Mittelalter
Auch früher reisten die Menschen gerne. Den Reisenden standen Pferd, Esel und Kreuzungen der beiden zur Verfügung: das Maultier (Eselhengst und Pferdestute) und der Maulesel (Pferdehengst und Eselstute). Aber die meisten Reisenden gingen zu FUSS. Die damaligen Wagen waren sehr ungelenk, und erst im Spätmittelalter wurde das Kummet erfunden.
Die mittelalterlichen Wege und Strassen waren bedeutend schlechter als die römischen, aber auch ziemlich gerade. Die wenig begangenen Wege waren manchmal kaum auffindbar, und die Strassen hatten viele Schlaglöcher. Wenn immer möglich legte man die Wege auf den Hügeln und Höhen an. Man vermied die tiefer gelegenen Talböden oder Flussufer. Diese wurden oft überschwemmt und blieben länger weich. Brücken wurden erst später in großer Zahl gebaut. Durch viele Flüsse führten lediglich Furten. Über Bäche wurden bestenfalls Balken gelegt.
Am häufigsten reiste man im Frühling und Sommer. Jede größere Reise war aber ein Abenteuer: Reißende Ströme, verschüttete Wege, Kälte und Hitze, Nebel und Stürme, Müdigkeit und Krankheit, der Zwang, oft im Freien übernachten zu müssen, und bösartige Menschen machten jede Reise gefahrvoll.
Mit dem Bau von Herbergen, Hospizen und Klöstern wurde das Reisen sicherer. Beliebt waren auch Schifffahrten. Trotz geringer Tiefe wurden auch Saane und Aare befahren. Die Freiburger besaßen in Zurzach ein Handelshaus, wo sie ihr Tuch verkauften. Es gab sogar Schiffe, die Europa von der Nordsee bis zum Mittelmeer durchquerten. Man fuhr den Rhein hinauf, bog bei Koblenz in die Aare ein, durchquerte Bieler- und Neuenburgersee und gelangte vom Genfersee durch die Rhone ins Mittelmeer. Zwischen Neuenburger- und Genfersee aber musste eine Strecke Landweg bewältigt werden. Flussschiffe konnten talabwärts täglich 100 und mehr Kilometer zurücklegen.
Fußgänger wie Reiter legten beachtliche Strecken zurück: Fußgänger 25-40 km pro Tag, Eilboten 50-65 km pro Tag und Reiter ebenfalls 50-60 km pro Tag. Berittene Kuriere kamen mit Pferdewechsel auf 50-80 km pro Tag. Von Flüelen bis Bellinzona benötigten Säumer etwa 30 Std. Eine Pilgerreise nach Rom oder Santiago de Compostela dauerte einige Monate.
Die Pest
Die schrecklichste Krankheit des Mittelalters war die Pest. Man nannte sie auch den Schwarzen Tod. Die Pest wurde meist von Ratten und ihren Flöhen auf den Menschen übertragen. Aber das wusste man lange nicht. Die Seuche begann damit, dass die Ratten starben. Nun wechselten die Flöhe auf andere Lebewesen über. Zwischen 1348 - 1352 wurde Europa von der schwersten Pestepidemie heimgesucht. 25 Millionen starben.
1720 - 1721 trat sie zum letzten mal in Europa auf. Einige Pestjahre im Kanton Freiburg: 1348, 1462, 1472, 1501, 1519, 1548 (600 Tote), 1550 (1220 Tote), 1565, 1582, 1587, 1597, 1612 - 1616, 1628 - 1640.
Die Pest begann mit Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Erbrechen, Unruhe, Benommenheit und Herzversagen. Die Leute versuchten alles mögliche, um sich vor der Pest zu schützen: Sie machten Gelübde und hielten Prozessionen ab. Man errichtete Pestkapellen und Pestaltäre und verfolgte die Juden als angebliche Brunnenvergifter.
Besonders gefährdet waren die Ärzte, Priester und Totengräber und die Angehören. Sie hielten sich an folgende Ratschläge: Hüte dich vor zu großer Angst, sei aber auch nicht tollkühn. Sorge dafür, dass dich der Atem des Kranken nicht erreicht. Zünde wenn möglich eine Fackel an und halte sie zwischen dir und dem Kranken. Vermumme dich, wenn du zu Kranken gehst. Lüfte die Kleider nachher gut aus. Reinige sie mit der Flamme oder wohlriechenden Kräutern. Wasche dich öfters mit Salzwasser und Essig.
Dem Stadtpfarrer Peter Haas schenkte der Freiburger Rat eine Fuhre Wein, weil er während einer Seuche viel geholfen hatte. Der junge Franz Mauron durfte ein Handwerk lernen, weil er während einer Seuche unverdrossen die Toten Laterne getragen hatte.
Eine andere gefürchtete Krankheit war der Aussatz (oder die Lepra). Die Aussätzigen wurden nach Bürglen gebracht. Dort gab es ein Aussätzigenspital (Leprosenspital). Aussätzige mussten sich, wenn sie auf der Strasse waren, mit einer Klapper bemerkbar machen.
Die Muhlershex
Margreth Python aus Arconciel, die einen Dietrich Schuller geheiratet hatte, wurde vom Volk nur die „Dietrina" geheißen. Sie lebte in Muhlers, bei St. Silvester, hatte vier Kinder und war nicht beliebt. Alles Unheil, das in St. Silvester geschah, schrieb man ihr zu. Zweimal musste sie vor dem Richter erscheinen. Trotz Folter konnte man ihr nichts nachweisen. Aber ihre Unbeliebtheit wurde immer größer.
Am 25. Juli 1646 ging ein heftiges Hagelwetter über St. Silvester nieder. Natürlich war die Muhlershex daran schuld. Sie wurde gefangen genommen, nach Freiburg geführt und in den Turm gesteckt.
Aus dem Rats-Manual und dem Turm-Protokoll:
3. August | Margreth Python sagt, sie habe sich vor 40 Jahren verheiratet und nie Hexerei getrieben. Darauf wird sie am leeren Seil aufgezogen. |
6. August | Margreth Python wird mit dem kleinen Stein gefoltert (=50 Pfund). Sie bittet um Gnade. |
8. August | Die Dietrina will nicht bekennen. "Soll den Zendner ussstahn". Nach der Folter bekennt sie, dem Bösen vor zwei oder drei Jahren begegnet zu sein, und letzthin habe sie mit ihm das Wasser des Baches geschlagen und auf diese Weise Hagel gemacht. |
9. August | Dietrina leugnet, den Teufel gesehen zu haben. Nach neuer Folter bekennt sie, den Teufel schon vor 16 Jahren gekannt zu haben: ,"Der Teufel gab mir zweimal Pulver. Dieses säte ich über die Matten, um das Vieh zu töten. Ich nahm dreimal am Hexensabbat teil und ritt auf einem Besenstiel." |
13. August | Die drei Töchter der Dietrina werden auch verhaftet. |
17. August | Anny Schuller sagt, ihre Mutter sei keine Hexe. Da wird sie dreimal aufgezogen und bekennt. |
18. August | Die Dietrina erklärt, sie wolle gerne sterben, wenn es den Herren so gefalle, ihre Töchter aber seien unschuldig. |
21. August | Die Dietrina kann sich zu Anfang nicht erinnern, Gott verleugnet zu haben. Nachdem man ihr aber mit der Folter droht, bekennt sie alles. |
23. August | Die Dietrina sagt, sie habe unrecht getan, etwas zu bekennen, was sie nicht gemacht habe. Nachdem sie aber ernstlich ermahnt wird, gibt sie alles zu: "Ich habe Hagel gemacht. Ich ritt auf dem Besenstiel. Ich habe Vieh getötet." |
25. August | Margreth Python wird "zu dem füwer verurtheilet". Es ist Samstag Nachmittag. Das Tor des Jaquemard- Turmes öffnet sich. Eine elende, gebrochene Frau wird herausgezerrt. Man schleift sie durch die Gasse gegen Miséricorde. Da ist der Holzstoss gerüstet. Ein hoher Pfahl ragt daraus hervor. Margreth Python wird an ihn gebunden und lebendig verbrannt. Der Gerichtsschreiber schrieb an den Rand des letzten Turm- Protokolls: "Ist den 25ten Augusti 1646 geschleipft und lebendig verbrennt worden." |
31. August | Die drei Töchter der Dietrina sind ledig (frei). Der Bruder soll zu ihnen Sorge tragen. |